Unterwegs im Zug
Ich bin Reisejournalist und hole Visa ein. Deswegen bin ich oft im Zug unterwegs. Wenn ich das Künstlerhaus in Selb besuche, fahre ich ausschliesslich mit der Bahn und diese Reise dauert fast einen Tag. Die Gitarre nehme ich gerne als Reisebegleitung mit und ich übe dort Fingertechnik oder spiele Lieder. Manchmal stören sich Leute daran, öfters jedoch sind meine Lieder eine schöne Abwechslung.
In einen vollen Zug singe ich selten, die Leute können da nicht fliehen, andererseits ruhig ist es dort nie. Bei einen leeren Zug können die Leute oder ich den Waggon wechseln. Als Erinnerung gebe ich gerne ein handsigniertes Lied ab. Da frage ich nach den Vornamen und widme das Lied, den Zuhörer.
Aufgrund einiger sinnloser Diskussionen habe ich den Rechtsdienst der SBB angefragt. Den Anweisungen des Schaffners muss ich da leider gehorchen. In normaler Lautstärke ist Üben erlaubt (keine Geldsammlung)
„Den Anordnungen des Personals der Transportunternehmen bezüglich Benutzung der Anlagen und Fahrzeuge und Verhalten während der Fahrt ist Folge zu leisten (Tarif 601, Ziffer 9.1.1)
Nur wann handelt es sich um blosse Machtausübung?
„Die Ausübung eines Gewerbes oder Handwerks, Betteln, die Werbung, das Durchführen von Gaben -und Unterschriftensammlungen und das Befragen von Reisenden in den Zügen und Anlagen sind nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Transportunternehmen gestattet. (Tarif 601, Ziffer 9.2.5)“
Was bedeutet Handwerks? Reden muss erlaubt bleiben, was macht es schon, wenn ein Instrument leise erklingt? Wenn sich jemand belästigt, kann eine Lösung gesucht werden!
Somit ist musizieren nicht verboten. Die SBB wünschen sich vor allem zufriedene Kunden und ein gutes Miteinander! Und damit schliesst der Rechtsdienst der SBB die Antwort auf meine E-Mail.
Hier der Auszug aus den Beförderungsbedingungen
Die Deutsche Bahn kann da viel lernen. Meinen Unmut habe ich einen Brief an den Verkehrsminister ausgedrückt. Auch hier sind die Konditionen eindeutig. Es darf im Zug gespielt werden, die Bahnen sind im Staatsbesitz und auch ein öffentlicher Raum.
Das Schreiben wurde nicht beantwortet. Ich habe Klage beim Amtsgericht Wedding eingereicht. Und leider ist es ein wenig so:
Die Klage wurde aus formalen Gründen abgewiesen. Der Sitz in Berlin übernimmt reine Holdingaufgaben, verantwortlich für alles sind die Tochtergesellschaften. Ein verworrenes Konstrukt. In letzter Zeit hatte ich keine Probleme mehr, ich fahre, wie in der Schweiz auch, im letzten Waggon.
Apropos öffentlicher Raum, da ist sehr viel erlaubt, Ruhestörung ausgenommen. Doch ich kann mich jederzeit als Privatperson auf die Strasse stellen, spielen und singen, sowie Leute ansprechen. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut; auch die Gewerbefreiheit, so ist Betteln erlaubt – gilt für alle Bürger, die unter die Personenfreizügigkeit fallen. (EGMR vom 19.4.2021)
Ich sage immer spasshalber, wer Ruhe will, findet die auf dem Friedhof noch früh genug
In Zürich und anderen Städten müsste bezüglich der Gesetzmässigkeit wohl das Gericht entscheiden. Frau Steinbeck hat in der WOZ einen Artikel verfasst, der Vorurteile hinterfragt.
Ein schönes Lied zum Thema
Fazit
Was soll diese Diskussion. Gibt es keine anderen Probleme, als Befindlichkeiten der Lebensfreude zu überstülpen. Hier, wie viel Freude Musik schenken kann. Noch haben wir mehr Menschen, die sich am Leben freuen, als Miesmacher.