Lebenslauf – wie sich mein Leben entwickelte
Wie lange soll ein Lebenslauf sein, welche Stationen soll er beinhalten, wie soll die Form sein? Ich habe früher gelernt einen Lebenslauf handschriftlich zu schreiben, die Zeit ist vorbei. Alles muss schnell gehen, auf einen Blick wird soll eine Entscheidung getroffen werde, ich soll in 60 Sekunden mein Leben erzählen, wie?
Versuchen wir es wie früher, nur diesmal mit Computer so lassen sich Dinge einfacher ändern.
Ich bin als zweites Kind der Eheleute Brigitte und Josef Zurfluh in Selb, Bayern aufgewachsen. Meine Eltern haben sich kennen gelernt, als meine Mutter mit einer Freundin eine Radtour in die Schweiz machte, am Bärengraben hat er meine Mutter angesprochen.
Meine Vater hatte keine leichte Kindheit, er ist im Waisenhaus aufgewachsen, meine Mutter hatte es auch schwierig, Scheidungskind. Meiner Mutter war es nicht wichtig, ob ihr Mann einmal Geld hat, er sollte treu sein. Dennoch ist meine Mutter immer stolz auf Ihren Namen gewesen, geborene Schattner.
Ich könnte über Grosseltern, Urgrosseltern erzählen, lassen wir mal, wir wollen da nicht zu lange forschen, sollte unsere Vergangenheit dennoch kennen.
1958 wurde der erste Bruder Andreas geboren, er ist immer bei den Eltern gewesen, einmal war er mit mir in Mexiko, hat an einer Kirche gebaut, dennoch in Selb geblieben. In den letzten 20 Jahren hat er sich rührend um meine Mutter gekümmert, er folgte ihr nur wenig später, was mich sehr überrascht hat.
1969 wurde mein zweiter Bruder Robert geboren, er ist raus in die weite Welt, war ein begeisterter Bodybuilder und hat sich bei unseren gemeinsamen Ferien in New York für das Land begeistert. Er lebt heute mit Familie in New Jersey, hat ein grosses Grundstück, doziert über Ernährung und will nie wieder zurück.
1962 wurde ich geboren, Stephan. Ich hatte eine schöne Kindheit in Selb, bin bei den Pfadfindern aktiv gewesen und habe mich in der Jugendarbeit engagiert. Am Sonntag habe ich die Bild und die Welt ausgetragen. Ich habe Reisen nach Russland, Kenia, die Philippinen und Mexiko in Gruppen unternommen und hatte dennoch Träume.
Der Enge der Entfaltungsmöglichkeiten nach der Lehre als Industriekaufmann in einer Porzellanfabrik, wollte ich entfliehen, meine Mutter wollte das nicht, ich habe mich 1983 für die Schweiz entschieden und habe im Kanton Luzern als Werbespezialist gearbeitet. Das Computerunternehmen ermöglichte mir eine Ausbildung als PR-Assistent. Nach vier Jahren wollte ich weg, Agenturluft schnuppern und am Menlo College studieren, dort hatte ich eine Zusage.
Schliesslich sagte mir mein Nachbar Charles, ich solle das mit Amerika sein lassen, zu oberflächlich. Ich bin im Urlaub nach Kalifornien gereist, habe in einen Studentenwohnheim gelebt, habe gesehen, wie es den Schwarzen geht und mich an Charles orientiert.
Meine Zelte in der Schweiz habe ich abgebrochen, ich traute mir nicht zu die HWV zu schaffen und schlussendlich die Fachhochschulreife absolviert und mich für Studienplätze beworben. Es folgte eine Radtour quer durch Europa, in Gifhorn wurde mir alle Sachen genommen, den ursprünglichen Plan nach Fulda zu fahren, habe ich fallen gelassen, bin nach Hause und habe mich in Nürnberg eingeschrieben.
Es herrschte akute Wohnungsnot. Ich habe mich bei Petra vorgestellt und gesagt, ich bleibe gleich und hatte mein WG-Zimmer, wo ich mich sehr wohlgefühlt habe. In Nürnberg habe ich zuerst Informatik studiert, mit der Physik hat es nicht so geklappt und ich konnte auf Betriebswirtschaft wechseln. Bei meinen Informatikstudium habe ich das Praxissemester in Barcelona selbst organisiert und dort das Textverarbeitungssystem LEX auf spanisch angepasst. Das ist 1989 eine Herausforderung gewesen. Als mit meiner Mutter telefonierte, konnte ich nicht glauben, was in Deutschland passiert. Selb ist am Ende der Welt gewesen, plötzlich im Herzen Europas?
Das Vorstudium BWL schaffte ich turbomässig (es wurde Französisch und Programmieren anerkannt) und hatte nach dem ersten Semester schon fast das Vorstudium bestanden, habe im folgenden Semester die restlichen Scheine gemacht und wollte meinen Traum mit dem Fahrrad von Quito nach Buenos Aires zu fahren (geht viel bergab) verwirklichen.
Ich hatte zu der Zeit eine Auszahlung vom 624 Mark Gesetz, dennoch habe ich mich für ein günstiges One Way Ticket nach New York entschieden und bin mal los. Auf der Reise habe ich viele Menschen kennen gelernt, selbstverständlich auch verliebt in Liliana Patricia. Ich war da wieder als Schweizer unterwegs, weil einerseits die Schweizer Banken, gut Geld überall anweisen konnten; nur einmal wurde was von einer kolumbianischen Bank unterschlagen, doch ich hatte weniger gebraucht als geplant. Die Schweizer Botschaften haben gerne meine Briefe sich senden lassen und ich hatte die immer abgeholt.
In Lima hatte ich einen Brief, das in Frankreich Anfang Februar das Studium beginnt und ich zurückreisen sollte. Ich wollte die Lastminute Plätze finden und bin jeden Tag zum Flughafen gefahren und schlussendlich hätte es einen Platz für DM 2500,-, dann doch lieber für USD 250,- nach Miami und irgendwie weiter.
Während meiner Reise wollte mein Vermieter in Nürnberg die Wohnung renovieren, die Verhandlung wurde gewonnen, später am Landgericht verloren. Spielte vielleicht doch das Geld eine Rolle, aber bis dahin konnten sich alle neu organisieren. Ich hatte dafür wie Gott in Frankreich leben können.
Bei meinen Auslandsstudium in Frankreich wurde ich an der beliebtesten Partnerhochschule nicht akzeptiert. Schliesslich ging ich zur Partnerhochschule ICN, das war für mich die beste. Ich lernte Tatjana aus Russland kennen, doch das ist nicht mein Grund für Russland gewesen, sondern die Neugier auf Osteuropa. In Nancy bin ich mit Florence zusammen gewesen.
Europa ist durch Sprachvielfalt geprägt, eine slawische Sprache wollte ich noch lernen, da war der König Stanislaw, da waren Freunde aus Polen, da war Tschechien in der Nachbarschaft, ich wollte dann doch die weitverbreiteteste Sprache Russsich mit einem Praktikum lernen .
Zuerst habe ich es mit der Stadtverwaltung Nürnberg und der Partnerstadt Charkov versucht, ich konnte kaum Russisch, so bin ich mit Adam nach Krakau gefahren. Auf dem Marktplatz habe ich Andrej kennen gelernt und gemeinsam sind wir in die Ukraine in ein Dorf gefahren, 1991. Ich wollte nach Charkov, Problem Benzin, das besorgten wir auf den Schwarzmarkt, Kontakte hatte Andrej. Nur mein Auto, ein wunderschöner Citroen CSA mit vielen Macken streikte. Die nächste Stadt war Lemberg, ich hatte Angebote zu bleiben, jedoch mich entschieden wieder nach Nürnberg zu gehen und weiter zu studieren.
In Nürnberg sammelte ich für eine russische Hochschule Bücher, schickte die günstig aus Lemberg ab und fragte nach einem Praktikum. Ich bekam eines Tages Anruf, warum kommen Sie nicht? Kein Visa meinte ich. Schicken Sie den Pass und Antrag ans Konsulat, am übernächsten Tag hatte ich ein Visum und fuhr mit dem Zug los, wo ich mir verschiedene Firmen anschaute.
Im nächsten Semester war ich in Kasan, lernte dort viel, neben Russisch, viel über Geschichte, Menschen und überlegte mir sogar dort zu leben (wollte ich ja schon mal in Barcelona, Nancy bleiben) bin auch in Kasan verliebt gewesen.
Irgendwann kann es einen Beinbruch geben, bei mir ist auf einer Reise in die Schweiz eine Schizophrenie ausgebrochen, Die Welt ist eine andere für mich gewesen, ich lebte in einer Traumwelt ohne Angst, Menschen wurden zu anderen, schliesslich wurde ich an der PUK in Bern aufgenommen und verbrachte noch einige Zeit im Bezirkskrankenhaus Rehau. Ich habe meine Krankheit nicht akzeptiert, ich wollte meine Geschäfte machen, arbeiten. Ich arbeitete sogar als Werber für den Malteser Hilfsdienst.
Ein Onkel in Thalwil hat mich aufgenommen und ich suchte eine Stelle. Schliesslich wurde mir das SAP College finanziert und ich bin 1998 bei einer Wettinger Firma eingetreten. 2007 wurde mir die Kündigung vom letzten Arbeitgeber im Kanton Zürich nahe gelegt und habe anschliessend keine Anstellung gefunden. Das Feuer und die Begeisterungen haben gefehlt. In meiner Stelle ging es darum, Ziele zu erreichen, das, meine ich geschafft zu haben. In dieser Zeit machte absolvierte ich einen MBA für Business Information Management und verfasste eine Thesis über Wissensmanagement.
Im Jahr 2000 habe ich meinen Reiseveranstalter aufgebaut und viel experimentiert. Mit Nicole hatte ich eine gute Mitarbeiterin, ich hatte auch Mitarbeiter, wo es nicht optimal gelaufen ist. Der Reiseveranstalter wurde nie profitabel.
2009 habe ich eine Unternehmensberatung Svoe-Delo (mein Tun) kreiert und wollte Unternehmen aus Russland in die Schweiz holen. Ich habe mithilfe einer Standortförderung Workshops gemacht und mich auf Anraten meiner Freunde für die IV Rente entschieden.
Meine gesamte Pensionskasse habe zum Leben gebraucht und investiert in Projekte wie Shake Friends (schüttle deine Freunde) oder einen Internetversand, der die Preise von Medikamenten günstiger machen sollte (Kauf in Kanada, Verkauf in den USA). Die IV wurde mir gewährt, auch die deutsche Rentenkasse zahlt. Ich bin in den letzten Jahren viel nach Selb gereist und habe mich mit meinen Bruder um meine Mutter gekümmert.
2013 habe ich eine Internetmarketingfirma aufgebaut und schliesslich für Tourismus ausgerichtet. Von Werbung verstehe ich was, bei Google konnte ich von Ausbildungen profitieren. Ich bin im Iran gewesen, wollte dorthin Reisen anbieten und später in Ghana. Das Geld für den Markteintritt fehlt. Ich arbeite immer an Projekten, insgesamt habe ich über 200 Domainnamen und jeder hat seinen Inhalt, seine Webseite.
Mit der Gitarre habe ich wieder angefangen mehr zu spielen. Ich hatte die als Jugendlicher oft bei mir und als Student mit dem Liedermachen begonnen. Mittlerweile habe ich die Zahl von 1000 selbst verfassten Liedern überschritten.
In Selb bin ich zu selten, laufe einfach noch zu sehr Gelegenheiten in der Schweiz hinterher. Ich liebe die Schweiz, alle Menschen, sicher gibt es Meinungsverschiedenheiten und ich mag nicht, wenn ein Land sich an den Reichen orientiert. Nie ist alles perfekt.
Im Jahr 2015 und 2016 sind meine Mutter und später mein Bruder Andreas in meiner Heimat verstorben, vor allem der Tod meines Bruders hat mich getroffen, es kam so plötzlich. Den Katzen konnte ich ein gutes Heim verschaffen und das Elternhaus soll sich zu einem Künstlerhaus entwickeln. Ich habe es einen Verein geschenkt, das Haus herrichten und werde hoffentlich immer in Selb willkommen sein. Es ist immer ein Rückzugsort und mit dem Alter lernt man die Dinge kennen, die wir schätzen sollten.
Mein Geld beziehe und bezog ich aus vielen Quellen, meine Inspiration von noch mehr Quellen. Beruflich sehe ich mich als Reisejournalist und ziehe mit offenen Augen durch die Welt. Meine Lieder und die Gitarre sind treue Begleiter, um mit den Menschen zu sprechen.
Mehr als 20 Jahre lebte ich in Wettingen, wegen einer Sanierung musste ich das Haus verlassen. Einen neuen Mietvertrag habe ich wegen der rigiden Hausordnung abgelehnt. Man meinte „friss oder stirb“, mal schauen ob ich nun wirklich sterbe, auch wenn das Leben ohne festen Wohnsitz schwierig ist. Ich habe es durchgehalten, und bin mit der Regierungsratskandidatur in die Offensive gegangen.
Mein Rückzugsort ist die Porzellanstadt Selb, mein Lebensmittelpunkt ist die Region Zürich. Seit Oktober 2020 lebe ich in einer grossen, gemütlichen Wohnung am Stadtrand von Baden. Da kann ich gut Gäste aufnehmen. Es ist ruhig hier, ideal für Abendspaziergänge und ist doch schnell im Zentrum mit reichhaltigen kulturellen Angebot.
Mein Elternhaus in Selb ist nicht mehr bewohnbar. Ich werde älter, kann körperlich weniger bewegen, selbst Hand für die Sanierung anlegen kaum möglich. Eine Arthrose erlaubt das Spielen nur unter Schmerzen. Doch es hilft und ich stecke mehr Energie in meine Arbeit als Liedermacher und der Begegnung mit Menschen.
Corona sehe ich als epochales Ereignis, die Menschen vor allem im verwöhnten Westen werden zu Einschränkungen gezwungen. Es ist die Gelegenheit, Einstellungen zu überdenken. Ich will mein bedingungsloses Engagement fortsetzen, hoffe auf gute Gesundheit und genügend Kraft. Ich leihe gerne Bücher in der Bibliothek und rede mit jungen Menschen über Ideen. Mit mehr Menschen meine Ideen teile, sehe ich als jetzige Mission. Dafür Kraft tanken, das erhoffe ich mir täglich.