Sorge

Johann Wolfgang von Goethe beschreibt hier die Sorgen der Menschen

(I) Kehre nicht in diesem Kreise
Neu und immer neu zurück!
Lass, o lass mir meine Weise,
Gönn, o gönne mir mein Glück!

(I) Soll ich fliehen? Soll ichs fassen?
Nun, gezweifelt ist genug.
Willst du mich nicht glücklich lassen,
Sorge, nun so mach mich klug!

(II) Im holden Tal, auf schneebedeckten Höhen
War stets dein Bild mir nah:
mich in lichten Wolken wehen,
Im Herzen war mir’s da.

(II) Empfinde hier, wie mit allmächtgem Triebe
Ein Herz das andre zieht –
Und dass vergebens die Liebe
vor der Liebe flieht.

Selige Sehnsüchte

Über Sehnsüchte wie Fernweh und Liebe schrieb Johann Wolfgang von Goethe dies Gedicht

(I) Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebendge will ich preisen
Das nach Flammentod sich sehnet.

(II )In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt dich fremde Fühlung
Wenn die stille Kerze leuchtet.

(I) Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.

(II) Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und bist gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du als Schmetterling gesandt

Solang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

Liebliches

Etwas Liebliches dichtet Johann Wolfgang von Goethe mit Einflüssen aus dem Orient

Was doch Buntes dort verbindet
Mir den Himmel mit der Höhe?
Morgennebelung verblindet
und mit meinen Blicken flehe

Sind es Zelte des Vesires,
Die er lieben Frauen baute?
Sind es Teppiche des Festes,
Weil er sich der Liebsten traute?

Rot und weiß, gemischt, Blumenfass
Wüßt ich Schönres nicht zu schauen,
Doch wie, Hafis, kommt dein Schiras
Auf des Nordens trübe Gauen?

Ja es sind die bunten Mohne,
Die sich nachbarlich erstrecken,
Und, dem Kriegesgott zum Hohne,
Felder streifweis freundlich decken.

Möge stets so der Gescheute
Nutzend Blumenzierde pflegen,
Und ein Sonnenschein, wie heute,
Klären sie auf meinen Wegen!

Kupplerin

Johann Wolfgang Goethe dichtet wie ein junges Mädchen zu einem älteren Mann als Gesellschafterin gebracht wird.

Ich führt einen Freund zum Maidel jung,
Wollt ihm zu genießen geben,
den jugendlichen, fröhlichen Schwung
ein frisches, warmes Leben

Nun sitzen gespannt an ihrem Bett,
Tät sich auf ihr Händlein stützen.
Der Herr, der verhält sich gar nett
Tät gegenüber sitzen.

Er spitzt die Nase, er tippt sie an,
Betracht’t herüber, hinüber;
Und nun was hat er wohl getan,
Die Sinnen gingen über.

Der liebe Herr schenkt für allen Dank
und sag dem Mädchen leis Adieu
sie war so hübsch und auch so schlank
blickte verschämt in die Höh

Ach Herr Gott, ach Herr Gott, ach Herr Gott,
mit Menschenglut meines Geistes
ich weiss es nicht, entschuldigt Not
Mein ganzes Herz zerreißt es.

Maria, Maria rief ich laut,
ach wäre ich mehr bedächtig
verschenkt die allerschönste Braut
der Lohn war doch so mächtig

Gefunden

Ein Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe zu einem Blümlein

(I) Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.

(II) Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.

(II) Ich wollt es brechen,
Da sagt es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?

(I) Ich grub’s mit allen
Den Würzlein aus.
Zum Garten trug ich’s
Am hübschen Haus.

(II) Und pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.

Rastlose Liebe

Ein Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe rasch und zügig gesungen

(I) Dem Schnee, dem Regen,
Dem Wind entgegen,
Im Dampf der Klüfte,
Durch Nebeldüfte,

(II) Immer zu! Immer zu!
Ohne Rast und Ruh!
Liebe durch Leiden
soll’ sich entscheiden

(I) Als so viel Freuden
Leben vergeuden.
Alle die Schmerzen
so tief im Herzen

(II) Ach, wie ich doch fühle
so mich zermühle
Wie – soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?

(III) Alles vergebens!
Krone des Lebens,
Glück ohne Ruh,
Liebe, bist du!

An Suleika

Aus der Suche in orientalischen Quellen hat Johann Wolfgang von Goethe dieses Gedicht erdacht

Dir mit Wohlgeruch zu kosen
Deine Freuden zu erhöh’n
Knospend müssen tausend Rosen
Erst in Gluten untergeh’n.

Um ein Fläschchen zu besitzen
Das den Ruch auf ewig hält
Schlank wie deine Fingerspitzen,
Da bedarf es einer Welt;

Einer Welt von Lebenstrieben,
Die, in ihrer Fülle Drang
Ahneten schon Bulbuls Lieben
Seeleregenden Gesang.

Sollte jene Qual uns quälen
Da sie unsre Lust vermehrt?
Hat nicht Myriaden Seelen
Timurs Herrschaft aufgezehrt?

Das Göttliche

Johann Wolfgang von Goethe sieht das Göttliche im Menschen, einige Zeilen habe ich weggelassen

Edel sei der Mensch, stets hilfreich und gut!
Denn das allein unterscheidet ihn heut
von allen Wesen, wir mögen kennen.
du bi da bi du du da do du nennen

Heil den unbekannten höhern Wesen,
Die wir ahnen! Ihnen gleiche der Mensch;
Sein Beispiel lehr uns jene mögen glauben.
du bi da bi du du da do du taugek

Denn unfühlend leuchted doch die Sonne
ist die Natur gleich zu Böse‘ und Gute,
schenket doch allem immer gleichen Glanz
du bi da bi du du da do du bi tanz

Preist die Menge, nach ewigen, ehrnen,
großen Gesetzen müssen wir alle
unseres Daseins Kreise vollenden.
du bi da bi du du da do du wenden

Das Gute lohnen, eilen und retten,
Nützlich verbinden und wir verehren
Die Unsterblichen Taten im Großen
du bi da bi du du da do famosen

Der Beste im Kleinen tut oder möchte.
Der edle Mensch sei stets hilfreich und gut!
Unermüdet das Nützliche, Rechte
du bi da bi du du da do bi brächte

und immer von Anbeginn neuen Mut

An den Schlaf

Ein Gedicht von Wolfgang von Goethe über die Macht vom Schlaf

Der du mit deinem Mohne
Selbst Götteraugen zwingst,
Und Bettler oft zum Throne,
Zum Mädchen Schäfer bringst,

Vernimm: Traumgespinste
Verlang ich heut von dir,
Den größten deiner Dienste,
Geliebter, leiste mir.

An meines Mädchens Seite
Sitz ich, ihr Aug spricht Lust,
Und unter neid’scher Seide
Steigt fühlbar ihre Brust;

Oft hatte meinen Küssen
Sie Amor zugebracht,
Dies Glück muss ich vermissen,
Die strenge Mutter wacht.

Am Abend triffst du wieder
Mich dort, o tritt herein,
Sprüh Mohn vom Gefieder,
Da schlaf die Mutter ein:

Bei blassem Lichterscheinen
Von Lieb Annette warm
Sink, wie Mama in deinen,
In meinen gier’gen Arm

König von Thule

Nach einen Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe, Thema Freitod

König in Thule lebte
Immer gerecht sein mag
sein Leiden sie bewegte
den gold’nen Becher gab.

Und als er musste sterben,
Zählt’ er sein Hab’ im Reich,
Gönnt’ alles seinen Erben,
Den Becher nicht zugleich.

Sein Ende fand beim Königsmahl,
Die Ritter um ihn her,
im prächtigen Krönungsaal
Dort auf dem Schloß am Meer.

Schliesslich rief der alte Zecher,
Trink letzte Lebensglut,
Warf den heiligen Becher
Hinunter in die Flut.

Sie sahn ihn stürzen, trinken
sein Geist, der schien nun leer
Die Augen nun versinken
Trank nie ‘nen Tropfen mehr

Der Becher ihn errettet
vor dem grausamen Tod
er wird nun aufgebettet
war’s gegen das Gebot

Zauberlehrling

Nach dem bekannten Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe, in gekürzter Form

Hat der alte Hexenmeister
sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
auch nach meinem Willen leben.

Walle! Walle! manche Strecke, – dass, zum Zwecke,
Wasser fliesse – und mit reichem, vollem Schwalle
zu dem Bade sich ergiesse.

Und nun komm, du alter Besen!
Nimm die schlechten Lumpenhüllen;
Bist schon lange Knecht gewesen;
Nun erfülle meinen Willen! – Walle walle ..

Seht, er läuft zum Ufer nieder;
Wahrlich! ist schon an dem Flusse,
und mit Blitzesschnelle wieder
ist er hier mit raschem Gusse. – Walle walle ..

Das Becken immer mehr anschwillt!
Wie komme ich noch doch zum Ende
voll mit Wasser schon überfüllt!
Der läuft und bringt es behende! – Walle walle ..

Wärst du doch der alte Besen
um zu vertrieben die Geister
damit es wär es wohl gewesen
so hoff ich nun auf dem Meister

Herr, die Not ist gross! – Die ich rief, die Geister, – werd ich nun nicht los.
In die Ecke, Besen! Besen! Seid’s gewesen.

Hufeisen

Nach einem Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe, die Beziehung zu Christus habe ich weggelassen.

Er lebt Gleichnis und Exempel
für ihn jeder Markt ein Tempel.
So schlendert’ er in Geistes Ruh’
Einst mit ihm einem Städtchen zu

Sah etwas blinken auf der Straß’,
ein zerbrochen Hufeisen was.
Er sagte zum Begleiter drauf:
Heb bitte doch das Eisen auf!

Nun war der Fund ihm viel zu klein,
Hät müssen Kron’ und Zepter sein;
Aber wie sollt’ er seinen Rücken
für halbes Hufeisen bücken?

Er also sich zur Seite kehrt
Und tut, als hätt’ er’s nicht gehört.
Der Herr, nach seiner Langmut, drauf
Hebt selber das Hufeisen auf

Geht er vor eines Schmiedes Tür,
Nimmt von dem Mann zehn Pfennig dafür.
gibt gleich das Geld für Kirschen aus
und zieht zum andern Tor hinaus,

Geht immer voraus vor allen,
Lässt mal eine Kirsche fallen.
Das Vöglein schmeckte seinem Gaum.
Und lebte einen schönen Traum

Dank Kirschlein dich zur Erde schickt,
Und dafür immer gerne bück
Dich zur rechten Zeit regen,
Wirst du immer bequem leben

Parnas

Worte von Goethe neu interpretiert und in ein Lied gefasst. Ein Pamphlet für die Musik

Brüder, lasst uns alles wagen!
eure reine Wange glüht.
mit Musik eben auftragen
dass ihr die Bewegung liebt

Statt zu raffen
Freude schaffen
prasseln Reime
statt die Steine

Brüder, passt aber mächtig auf
strömt dieser Brut entgegen
lasset der Freude ihren Lauf
habt nur dies eine Leben

was sehe ich?
ist es möglich?
grüss mit der Hand
bleibt stets entspannt

Zeigen ihnen neue Wege!
neu fröhliche Takte aufziehn
lieber mit Musik leben
gibt es Ärger besser fliehn

Ja, und dann erneut begegnen
will man sich Recht verschaffen
denn wir können was bewegen
Worte des Dichters Waffen

Liebe Leben
hoch erheben
niemals trübe
leben Liebe