Sauerampfer

Die Geschichte eines Sauerampfers am Bahngleis von Joachim Ringelnatz

(I) Ein Sauerampfer auf dem Damm
Stand zwischen Bahngleisen,
Machte vor jedem D-Zug stramm,
Sah viele Menschen reisen.

(II) Und stand verstaubt und schluckte Qualm
Schwindsüchtig und verloren,
Ein armes Kraut, ein schwacher Halm,
Mit Augen, Herz und Ohren.

(II) Er wäre gern mal auf Reisen
denn träumt so gern von der Welt
doch hört nur die Züge pfeifen
was ihn ein bisschen gefällt

(I) Sah Züge schwinden, Züge nahn.
Der arme Sauerampfer
Sah Eisenbahn um Eisenbahn,
Sah niemals einen Dampfer.
Ach wär er halt ein Krampfer

Heimatlos

Nach einem Gedicht von Joachim Ringelnatz

In dem Haus, wo ich zu Gast
habe ich mich etwas erschreckt
es hat mir nicht gepasst
war eine Maus im Versteck,

Bewegte sich regte sich
alles hinter einem Brett
störte mich und leise sprich
bist du adrett oder nett

Sah mich lange, bange an
ein kleines weisses Mäuschen
was ich mir doch erlauben kann
in ihren kleinen Häuschen

Meinte wohl, was wollt ich hier
wo komme ich denn wohl her
trink doch besser mal ein Bier
und verschwind wieder aufs Meer

Seemann du hast kein Daheim
du lebst halt nur auf hoher See
lasse mich bitte allein
lass mir die Heimat und geh

Bumerang

Ein Gedicht von Ringelnatz, zu dem ich drei Verse hinzugefügt habe.

War einmal ein Bumerang;
War ein Weniges zu lang.
Bumerang flog ein Stück,
Aber kam nicht mehr zurück.
Publikum – noch stundenlang –
Wartet auf Bumerang.

War einmal in Sansibar
Liebesferien das ist wahr
täglich verliebter Blick
zu oft die Brieftasche zück
Publikum zu relaxt gar
Träumt nur von Sansibar

War einmal ein totes Huhn
hat nun Zeit sich auszuruhn
den ganzen Tag gepickt
mit Futterwahl ungeschickt
Publikum freut’s eben drum
Schmeckt gut das tote Huhn

War einmal ein schöner Tag
verbracht im Goldenen Prag
das Bier alle entzückt
Tagesausflug wohl geglückt
Publikum es gern so mag
genossen schöner Tag

Vortrag ans Hochzeitspaar

Ein Hochzeitslied, welches Freunde singen könnte

Eure Hochzeitssonne scheint.
Wir hoffen, dass ihr es ehrlich meint.
Wenn wir nach zwei, vier, acht oder zehn
vergangenen Jahren dann sehn
hoffen wir, dass wir euch dann noch verstehn.

Und wenn ihr dann – hinterher,
euch sogar das Glück mal vermehr
und dann – glücklicher als mit uns seid,
noch gleich verliebt nach Probezeit,
doppelte Freude mit halbem Leid,

Nun sich die Hände fassen.
die Welt vom Stapel lassen.
alle treten respektvoll zurück:
freut euch auf die Zukunft ein Stück
Jubeln wir alle mit Gott viel Glück

und schenken freudigen Blick

Ich habe dich so lieb

Nach einen Gedicht von Joachim Ringelnatz, ein verzweifelter Versuch die Liebe zu erneuern

Du, ich habe dich so lieb!
möchte gerne bedenken
es mit dir viel schönes gibt
um dir den Tag zu schenken

Ich habe dir nichts getan
Nun ist mir traurig zu mut
was ich wohl jetzt machen kann
tut eine Rose wohl gut

Vorbei – verjährt – bin leise
doch will nimmer vergessen.
egal wohin ich reise
und immer noch vermessen

Doch, die Zeit hat sich entstellt
und wie alle Lebewesen
ein Hund manchmal sinnlos bellt
würde so gerne lesen

Er kann auch niemals schreiben
doch er schwänzelt immer treu
können länger so bleiben
leben besser Liebe neu

Und wie ich dann wohl lache
gern wie ein freudiges Sieb
Lücken sind dann Hauptsache
denk – ich habe dich so lieb (2x)

Rakete und Kater

Ein Gedicht von Joachim Ringelnatz, dass ich gleichlange Verse leicht umgeschrieben habe.

Hui! Die Rakete stieg. Sie fauchte
In ferne, dunkle Abendwolken tauchte.
Am Dach vorbei und höher, glühend jung.
wundervoll in Linienschwung

Auf dem Dache ein schwarzer Kater.
Der sah die schöne Linie, was tat er?
Zunächst: er fauchte ziemlich ebenfalls.
Dehnte sich, reckte seinen Hals.

Krümmte dann den Buckel, hob ein Ohr
Und streckte seinen Schweif graziös empor,
Um jene Linie nachzumachen.
Die Rakete barst vor Lachen.

Da warf sich unser schwarzer Kater
Wild gestreckt auf den Rücken. Und was tat er?
Was tat er schimpfen außer sich vor Wut?
Er tat es kräftig, tat es gut;

Aber es gelang ihn einfach nicht
gerade auf dem Rücken war er erpicht
den Raketenbogen kriegt er nicht raus
und schnurrte halt traurig zuhaus

Lange Beine

Das Original von Joachim Ringelnatz heisst Lautsprecher, viel ist von mir

Du weisst sehr wohl, was du erweckst,
als Frau, mit deinen schönen Beinen.
ob du wenig oder mehr versteckst.
das ist ein Spiel mit Scheinen.

Spiel muss Fantasie belügen.
manch Lüge ermisst nicht, was sie nimmt.
Die Kühnheit genießt Vergnügen,
Die weit hinaus in die Klarheit schwimmt.

Bein: Knochen, Fleisch und Haut daran,
mich mein Verlangen und Hirn zerknüllt
wie gut ich heut wohl schlafen kann
in verrückten Träumen eingehüllt

Drängt es mich, in die Welt zu schrein,
ich bin gestört in dem Verlangen
zu streicheln mehr als tausend Bein
in Liebe schöner Frau’n gefangen

Der Floh

Die Geschichte vom Floh endet bei Joachim Ringelnatz mit dem Entstehen zweier Flöhe. Beim Pferd gehören Flöhe zum Leben.

Herr Müller hatte einen Floh
Der stach Herrn Müller irgendwo
Bedankte sich für die Ehre
nahm er seine lange Schere

Und schnitt ihn in zwei Teile
Jedoch, nach ‘ner kurzen Weile
Da wurden aus dem einen Floh
Zwei neue Flöhe draus – Oho

Da sprach einer von den beiden
Ja, einen Floh so zerschneiden
das ist doch für niemanden schön
schafft nur manch neues Problem

Wir müssen jetzt noch mehr pieksen
und irgendwo viel mehr kieksen
und willst du uns mal loswerden
bring uns halt zu deinen Pferden

Pferde liebe Flöheleben
sie springen viel besser eben
alle sind viel in der Natur
ja das ist uns’re Lebenskur

Der Geizhals

Bei Joachim Ringelnatz wird bis zum Verstecken das Goldes der Geizhals beschrieben. Das niemand was mitnehmen kann, ist bekannt

Er zählt und rechnet und zählt immerzu
dem Geizhals lässt sein Geld keine Ruh
drei Säcke voll Gold gehörig schwer
besitzt er schon und er möchte noch mehr

Im dunklen Garten vergräbt er sie dann
damit sie ja keiner finden kann
und rastlos läuft er nun hin und her
er isst nicht mehr und er schläft nicht mehr

Und deshalb ist er krank im nächsten Jahr
fast halb so dünn als er früher war
für Essen bezahlen hasst es sehr 
er hungert und sein Magen bleibt halt leer

Wichtig für ihn dass er Geld behält
und ihn ja keiner dabei nachstellt
eines Tages der Tod hat es schwer
ein Leben ohne Freude nicht begehr

und er vergisst – dass der Geiz ihn auffrisst

Im Manöver Biwak

Das Leben der Soldaten, desertieren wird immer noch hart bestraft, warum sollen Menschen töten?

Im Feld hintern Kirchhofsgemäuer
lodert versteckt ein Lagerfeuer
schlafen ermüdet die braven Soldaten
und träumen von Gänsebraten

Sie halten noch das Gewehr im Arm
der lange Mantel hält sie warm
nur einer steht einsam am Feuer und wacht
horcht hinaus in die schwarze Nacht

Und sollte er den Feind entdecken
muss er die Kameraden wecken
doch dafür ist es sicherlich schon zu spät
Gegner finden leise den Weg

Greifen an, wenn man sie nicht bemerkt
sich niemand gegen Morden sperrt
fragt euch, wem nützt denn eigentlich das Kriegen
schenken wir uns lieber Frieden

brecht das Biwak ab – zieht zurück in eure Stadt

Schnupftabakdose

Ein beliebtes Gedicht von Joachim Ringelnatz, bei mir lässt sich der Holzwurm das Nussholz schmecken

Es war eine Schnupftabaksdose
die hatte einst Friedrich der Grosse
sich selbst geschnitzelt aus Nussbaumholz
darauf war die Dose mächtig stolz

Da kam ein Holzwurm rein gekrochen
hatte feinen Nussbaum gerochen
die Dose erzählte lang und breit
von Friedrich dem Grossen seiner Zeit.

Nannte den alten Fritz generös
und das machte den Holzwurm nervös
sagte, wie er zu bohren begann
was geht mich Friedrich der Grosse an

Der feine Nussbaum wird mir schmecken
was will Friedrich da bezwecken
deine Geschichte ist zum schiessen
ich lebe heut und will geniessen

Überall

Eine sehr freie Interpretation des Gedichts von Joachim Ringelnatz, eine Hommage an die Freiheit

Überall ist Wunderland.
mit einer Burg am Strand
und du hörst das Meer rauschen
willst mit keinem tauschen

Überall ist Dunkelheit.
stirbt mal was in der Zeit
die Sonne wird aufgehen
all die Schönheit sehen

Überall ist Ewigkeit.
und du siehst so weit
am Tag schaffst du dir Räume
nachts die schönen Träume

Überall lebt das Leben.
irgendwo daneben
halt wie die kleinen Schnecken
musst das Glück entdecken

Ja, überall, überall
manchmal gibt’s einen Knall
sei aber niemals Spielball
habe immer die Wahl

überall – überall

An meinen Kaktus

Eine Hommage von Joachim Ringelnatz an seinen Kaktus

Hey, du alter Stachelkaks
Kein wenig wie Bohnerwachs,
Kein Gewächs, das die Liebe sich pflückt,
Sondern du bist nur verrückt.

Ich weiss, dass du wenig trinkst.
ohne dass du selber stinkst,
Saugst du den Mief ein wie Tropenluft.
Hast danach keinerlei Duft.

Und du kaum in Blüte stehst
du niemals jemand anflehst
und wer dich berührt versehentlich
bekommt einen kleinen Stich

Betrunken, lachender Mann
hat es halt einfach getan
schenkte mir, dich lustiges Kleines
statt eines Stachelschweines

Afrikanisches Duell

Sich gegenseitig bespucken nennt Joachim Ringelnatz das afrikanische Duell. In ein Lied gewandelt.

Wenn dich einer bös beschimpft und du ihn kennst
dich beleidigt und du ihn Rindvieh nennst,
Dann habt ihr euch beleidigt.
Ich euch als Schiedsrichter verteidigt

Dann müsst ihr afrikanisches Duell machen.
Niemand darf auch nur mit der Wimper lachen.
Jeder schweigt. Und ihr stellt euch dabei
Und dann zähle ich langsam bist drei

Steht gegenüber, mit sechs Handbreit Abstand
dass ihr den andern nicht schlägt mit der Hand
Spuckt einander grad ins Gesicht
Nur mich anspucken gilt aber nicht

Lange spucken, bis der andere nichts mehr sieht
wer zuerst sagt, er hat genug abgekriegt,
der ist besiegt

Muss sich eine runterhauen lassen
Ohne sich wehren oder mich anfassen.
Gibt kein hassen

Das Spucken konnte euch ganz gut bezähmen
und müsst euch der Spucke niemals schämen
Jetzt reicht dem andern die Hand.
wie Männer von Ehre und Stand

Erfindung machen

Joachim Ringelnatz hat die Idee zu diesen Lied mir gegeben, habe viel dran geändert.

Wer was erfindet, wird furchtbar reich
was man dabei erfindet, ist erstmal gleich
Wichtig, ihr werdet nicht bleich

Wenn man nur Dinge zusammenmischt,
Soviel Dinge, als bis alles richtig zischt
das Richtige rausfischt,

Dann wird in wenigen Stunden
in diesen Stunden die Hälfte erfunden
sich schon genug geschunden

Berühmt, willst du werden, mach mal Gold.
Gold ist das was ihr fertig erfinden wollt
jeder Arme Respekt zollt

Will ich’s euch sagen, furchtbar sehr schwer
sagen euch Nanotechniker, die sind wer
damit stellst du Gold schnell her

Pass auf was macht ihr den mit Säure
dafür den Säurevertilger anheure
und ihn gleich danach feure

Erfindet ein singendes Klosett
auf dem Klosett finden es Menschen nett
die Erfindung ist perfekt

Seekuh

Bei Joachim Ringelnatz heisst das Gedicht Hochseekuh. Bei diesen Lied habe ich Reime geändert, am Ende Polartourismus kritisiert.

Ne Tonne wiegt die Seekuh,
und schläft in froher Runde
Ho hey houuuua

Die lebt gern ruhig wie du
schwimmt manches mal ne Stunde
Ho hey houuuua

Sie taucht ab und wieder auf
und wedelt mit dem Schweife
Ho hey houuuua

Und dann bedeckt munter drauf
das Meer mit Schaum von Seife
Ho hey houuuua

Die Kuh hat einen Sonnentick
und riecht nach Zimt und Nelken
Ho hey houuuua

Und im Meerwasser viel Glück
kann als Königin gelten
Ho hey houuuua

Täte wohl ihre Milch gut
für einen feinen Käse
Ho hey houuuua

Die Milch braucht ihre Brut
dir lieber Geschichten lese
Ho hey houuuua

Wie glücklich könnte leben
dort im Eismeer die Seekuh
Ho hey houuuua

Tja das bedeutet eben
lassen wir sie dort in Ruh

Landpartie

Landpartie der Tiere ist eines der bekanntesten Stücke von Joachim Ringelnatz. Texte gekürzt, einige Tiere weggelassen.

Zur Landpartie – rief alles Vieh
Bitte wohin – frage die Spinn
Nach Dennewitz – bellte der Spitz
Musik muss mit – schrie der Kiwitt
Viel Trompeten – quakten die Kröten
Und Violinen – summten die Bienen
Tolles Konzert – meinte das Pferd
So ist es recht – klopfte der Specht
Ich schon mal renne – sprach die Henne
nicht so schnelle – hüpft die Gazelle
ach lieber nein – grunzte das Schwein
Welche Speisen – fragen Ameisen
Butterbröde – empfahl die Kröte
Ich will Lende – erklärte die Ende
Und dunkles Bier – brüllte der Stier
Das trink ich nicht -. sagt der Habicht
Will ins Wirtshaus – anregte die Maus
Im grünen Land – posaunt der Elefant
Honig muss her – brummte der Bär
So es halten – riefen die Schwalben

Schenken

Versuch einer singbaren Form des schönen Gedichts von Joachim Ringelnatz

Schenke immer fein
Gewissen sei rein

Immer gediegen
die Gaben wiegen

Wenn die Bedachten
mal auch schmachten

Schenke herzlich und bleib frei
Schenke dabei

Melodie 1:
Was auch in dir wohnt
dich reichlich belohnt.

Geschmack und Humor
deine Freude zuvor

Schenke mit Geist ohne List
dass dein Geschenk
du selber bist

Auf der Sonne

Nach Joachim Ringelnatz, wie komme ich wohl auf die Sonne?

Willst du gern auf der Sonne wandern
Und begegnen den Salamandern
Hol dir deinen Spazierstock heraus
Und schleiche dich heimlich aus dem Haus
Und wander langsam in aller Ruh
Immer direkt auf die Sonne zu.

So dann ist es dunkel geworden
da mach dir besser keine Sorgen
falls dir begegnet irgendein Gnom
dagegen hilft dir ja ein Smartphone
Und weil du die Sonne nicht erreichst,
Dich eben wieder nach Hause schleichst.

Um es bald wieder zu probieren
auf der Sonne wirst du nicht frieren
du kommst ihr einfach nicht näher
bräuchtest wohl einen guten Späher
und das ist am Ende Lebensglück
dafür kehr halt wieder nach Haus zurück