Ein Gedicht von Wolfram von Eschenbach, das Einblick in die Poesie des Mittelalters gewährt
Laß, Herre, mich nicht übersehen,
Was mir an Heil und Huld geschehen,
An Seligkeit, die endelos.
Dein Kind und Dein Sippengenoß
Bin ich, Dir ganz ungleicher:
Ich Armer und Du Reicher,
Versippt in Deiner Menschlichkeit,
Doch teilhaft Deiner Göttlichkeit,
Das Vaterunser mich nennet,
Als Kind mich anerkennet.
Wes Leben so sich endet,
Daß Gott nicht wird gepfändet
Der Seele durch des Leibes Schuld,
Und er dennoch sich die Huld
Der Welt erhielt mit Würdigkeit,
Der blieb vom rechten Ziel nicht weit.